Christen sind ausgezeichnet!

 

Der Ritus der Taufe ist voller Zeichen, die die neue Würde der Getauften ausdrücken. Doch wie steht es um das Bewusstsein, als Christ zu einem Leben berufen zu sein, das wesentlich anders ist? In „Lumen gentium“ heißt es, dass die Getauften Gott geweiht sind (vgl. LG 44). Und im Dekret über das Apostolat der Laien betonen die Väter des II. Vatikanischen Konzils, dass die Getauften nicht nur die Pflicht, sondern auch „das Recht zum Apostolat“ besitzen (AA 3,1).

Viele bringen sich mit ihren Begabungen in das Leben und den (Heils-)Dienst der Kirche ein. Dafür gibt es viele Motive. Doch wie Bewusst ist das wesentliche Motiv der Mitwirkung, nämlich von Gott gerufen, getauft und gesandt zu sein?

 

Gebet zur Salbung

 

Der allmächtige Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus,

hat dich von der Schuld Adams befreit und dir aus dem Wasser

und dem Heiligen Geist neues Leben geschenkt.

Aufgenommen in das Volk Gottes bist du mit dem heiligen Chrisam gesalbt,

damit du für immer ein Glied Christi bleibst,

der Priester, König und Prophet ist in Ewigkeit.

aus der Feier der Kindertaufe
(im Original: …wirst du nun mit heiligem Chrisam…)

 

Gesalbt

 

Im alten Israel wurden Männer zu Priestern, Königen und Propheten gesalbt. Das Lukasevangelium überliefert wie Jesus in der Synagoge aus dem Buch Jesaja vorliest (vgl. Lk 4,16–21): „…der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt…“ Und Jesus fügt hinzu: „…heute hat sich das Schriftwort erfüllt.“ Jesus ist der Gesalbte schlechthin (hebr.: Messias, gr.: Christus; vgl. Joh 1,41). Das heißt: Er ist der Priester, König und Prophet par excellence. Er ist Priester: Denn er bringt sich selbst Gott dar und schlägt durch seinen Tod und seine Auferstehung die Brücke zu Gott über die Täler hinweg, die die Menschen von Gott getrennt hatten. Er ist König: Denn er sammelt seine Jünger in der Kirche zu einem neuen Volk. Er ist Prophet: Denn sein Leben und seine Botschaft sind ein Ruf gegen Gottvergessenheit und Sünde und Verweis auf die Herrlichkeit des Vaters. Bei unserer Taufe haben wir, Männer wie Frauen, Anteil erhalten an Christi Priestertum, seinem Königtum und seinem Prophetenamt. Zum Zeichen dafür wurden wir mit Chrisam gesalbt. Wir sind ausgezeichnet!

 

Bekleidet

 

„Kleider machen Leute“, heißt es. In Gottfried Kellers Novelle mit dem gleichnamigen Titel wird der Schneidergeselle Wenzel Strapinski seiner vornehmen Kleidung wegen in die Rolle als Edelmann gedrängt. Doch statt dem Treiben um seine Person Einhalt zu gebieten, freundet er sich mit seiner neuen Rolle an. Als das Ganze auffliegt, kommt es zum großen Reinemachen. Die Novelle „Kleider machen Leute“ lässt sich als Gleichnis über Schein und Sein lesen. Und man kommt zu dem Ergebnis: Da ist mehr Schein als Sein. Heutzutage verwendet man für das Verhältnis von Schein und Sein eher das Wort „Authentizität“. Jeder von uns hat so seine Vorlieben für den Kleiderkauf. Manche leisten sich was. Die einen tragen [Marke A], die anderen [Marke B] und wieder andere [Marke C]. Die Wirkung von Kleidermarken ist nicht von der Hand zu weisen.

Bei unserer Taufe sind wir „eine neue Schöpfung geworden und … [haben] – wie die Schrift sagt – Christus angezogen“ (aus der Feier der Kindertaufe). Wir tragen Christus! Aber wir tragen Christus nicht nur wie ein Gewand. Wir sind Christen. Mehr Sein geht nicht. Und dennoch müssen wir uns fragen, wie wir dem im Alltag entsprechen, wie es sich bei uns als Christen mit Sein und Schein verhält.

 

Leuchte

 

Jesus sagt von sich: „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh 8,12). Dass die Ausstrahlung der Getauften, dass unsere Ausstrahlung auf ihn verweist, klingt selbstverständlich. Wer aber würde von sich behaupten: „Ich bin das Licht der Welt.“ Anstößig klingt das. Nach Anmaßung klingt das. Aber wir sind Licht geworden. Er selbst sagt: „Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern man stellt es auf den Leuchter; dann leuchtet es allen im Haus. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel loben.“ (Mt 5,14–16)

Nach der Salbung mit Chrisam und dem Anlegen des Taufgewandes ist die Übergabe der brennenden Taufkerze ein weiteres ausdeutendes Zeichen bei der Feier der Taufe. Wurde ein Erwachsener getauft, heißt es dazu:

 

Du bist Licht geworden in Christus.

Lebe als Kind des Lichtes,

bewähre dich im Glauben

und gehe mit allen Heiligen

dem Herrn entgegen,

wenn er kommt in Herrlichkeit.

 

Ganz gleich, wann wir getauft wurden, ob als Kleinkind, Jugendlicher, Erwachsener: Die Zusage gilt uns allen: „Ihr seid das Licht der Welt. Du bist Licht geworden in Christus.“

 

Chrisam, Taufkleid und Kerzen verdeutlichen, was uns in der Taufe geschenkt wurde. Wir sind Kinder Gottes geworden. Wir haben Teil an Christi Leben und Sendung, an seinem Priestertum, seinem Königtum und seinem Prophetenamt. Chrisam verströmt einen wohligen Duft. Der Duft ist ein Zeichen dafür, dass wir Christen den Wohlgeruch des Himmels verbreiten sollen. Das Taufkleid erinnert daran, dass wir – wie die Schrift sagt – Christus als Gewand angelegt haben. Die Kerzen, die wir nun entzünden, zeigen: Er ist das Licht der Welt. Und wir sind Licht geworden in Christus, gesandt als Zeugen Gottes.