»Der Rekordversuch«

 

Unterrichtsentwurf zum Bild von Gerhard Knell,
dem Meditationsbild der Berufungspastoral 2020

 

Moderne Kunst weist oftmals keine große Affinität zu religiösen Fragestellungen auf. Doch gerade weil Künstler wie Gerhard Knell die Fragen der Zeit in ihren Werken thematisieren, können Religionspädagogen durch sie zu Zeitgenossen werden. Auch Kunst, die die klassische christliche Ikonographie hinter sich zu lassen scheint, kann im Aufgreifen der großen Fragen der Menschen nach Sinn und Dasein, nach Chaos und Ordnung, nach Leid und Glück, dem Glaubenden zu denken geben.

Die figürliche Darstellung in Gerhard Knells Werk „Der Rekordversuch“ (2010) der blanken Beine am vordersten Rand eines Sprungbrettes stehen im Kontrast zu der abstrakt in Blau- und Grüntönen gehaltenen Tiefe des Bildhintergrundes. Diese maltechnische Antithese greift die inhaltliche Spannung auf, die Herausforderung, welche dem bevorstehenden Sprung in die undefinierte Tiefe, vielleicht auch in die Transzendenz, innewohnt.
Mit diesem Umstand bezieht sich der Künstler auf eine Grundkonstante des menschlichen Lebens. Ein jeder Mensch sieht sich immer wieder vor Herausforderungen, in denen es gilt, einen Sprung ins Ungewisse zu wagen. Gerade die diesbezügliche Offenheit des Bildes und die Unabschließbarkeit des Interpretationsvorgangs geben dem Bild einen Mehrwert für den Religionsunterricht.
Jugendliche im Prozess des Erwachsenwerdens dürfte das Gefühl des Ungewissen hinsichtlich der Berufswahl nur allzu vertraut erscheinen, woraus sich der Anknüpfungspunkt des Bildthemas zur Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler ergibt: Wie finde ich den Sinn des Lebens? Wie entdecke ich meine Berufung?
Im Unterrichtsverlauf können die Schülerinnen und Schülern erkennen, dass derartige Herausforderungen zum Leben gehören, man jedoch in diesen Momenten nicht auf sich allein gestellt ist. Sie können die „Aussagen biblischer Texte in Beziehung setzen zu persönlichen Lebenserfahrungen und den Sinngehalt biblischer Texte in neuen Formen darstellen“ (Inhaltsbezogene Kompetenzen des Bildungsplans für allgemeinbildende Gymnasien in Baden-Württemberg).

Erweitert werden kann die Stunde zu Fragestellungen wie der des Umgangs mit dem Gefühl der Angst (vgl. das Jahresthema „Habt keine Angst!“) oder Hilfen zur Entscheidungsfindung nach Ignatius von Loyola.
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Den tabelarischen Unterrichtsentwurf finden Sie in den rechten Seitenspalte als PDF zum Download.

 

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BILDUNGSPLANBEZÜGE

 

Prozessbezogene Kompetenzen für das allgemeinbildende
Gymnasium in Baden-Württemberg

 

1. Wahrnehmen und Darstellen

Die Schülerinnen und Schüler können ...

Situationen erfassen, in denen Fragen nach Grund, Sinn, Ziel und Verantwortung des Lebens aufbrechen

2.Deuten

Die Schülerinnen und Schüler können ...

in Lebenszeugnissen und ästhetischen Ausdrucksformen Antwortversuche auf menschliche Grundfragen entdecken und fachsprachlich korrekt darstellen

Glaubensaussagen in Beziehung zum eigenen Leben und zur gesellschaftlichen Wirklichkeit setzen und ihre Bedeutung aufweisen

 

3. Urteilen

Die Schülerinnen und Schüler können ...

die Relevanz von Glaubenszeugnissen und Grundaussagen des christlichen Glaubens für das Leben des Einzelnen und für die Gesellschaft prüfen

 

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Sebastian Feuerstein, seit 2012 Priester der Erzdiözese
Freiburg, unterrichtet Katholische Religionslehre am Friedrich-Ebert-Gymnasium in Sandhausen und ist außerdem
Referent für Berufungspastoral in der Erzdiözese Freiburg sowie Jugendseelsorger in Heidelberg.

Fridolin Springmann ist nach seinem Referendariat am
Kolleg Sankt Blasien seit 2017 Studienrat für Katholische
Religionslehre und Geschichte am beruflichen Gymnasium des Marianums in Hegne.